Die bekannte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 05.09.2023 um unbezahlten Urlaub. Grund für den Rückzug ist die Kandidatur als Nachfolgerin auf dem frei werdenden Chefsessel der Europäischen Investitionsbank (EIB). "Mit dem heutigen Tag bin ich offiziell Kandidatin für den Vorsitz der [EIB]. Ich nehme Urlaub von der [EU-Kommission], um mich auf meine Kandidatur zu konzentrieren, bis die Ernennung erfolgt ist", erklärte sie in einem Beitrag auf X (ehem. Twitter).
Die Kartellwächerin
Vestager hatte in der Kommission eines der wichtigsten - und durch ihr Handeln auch profiliertesten - Ämter inne. Sie erlangte in ihrer Eigenschaft als Wettbewerbskommissarin aufgrund ihres harten Vorgehens, insbesondere gegen die großen Techkonzerne wie Google, Apple, Amazon und Meta (ehem. Facebook), internationale Anerkennung. In diesem Zusammenhang wurde Vestager beispielsweise als „mächtigste Kartellwächterin der westlichen Welt“ oder als „berühmteste Reguliererin der Welt“ bezeichnet.
Gatekeeper-Plattformen schaden dem Wettbewerb
Es bleibt zu hoffen, dass der Nachfolger den harten Kurs fortsetzt, „denn in der Plattformökonomie sind vermehrt sogenannte Gatekeeper-Plattformen entstanden, die so viele Nutzer*innen auf sich vereinen, dass sie für bestimmte Unternehmen unverzichtbar geworden sind, um ihre Kund*innen zu erreichen. Solche Gatekeeper-Plattformen funktionieren als „proprietäre Märkte“, die aufgrund des datenbasierten Matchings zwischen Anbieter und Nachfrage sowie der hohen Skalen- und Netzwerkeffekte schlicht effizienter sind als Offline-Märkte. Ein „freier“ Wettbewerb ist unter diesen Bedingungen immer schwieriger zu erhalten, weil die Gatekeeper die Regeln des Marktes bestimmen, von dem sie selbst profitieren. Zudem üben diese Plattformen als Torwächter zu den Endkunden eine andere Form der Marktmacht aus, als gemeinhin in den Ökonomie-Lehrbüchern steht: Ihre Marktmacht wirkt eher nachfrage- als angebotsseitig, das heißt, sie heben meist nicht die Preise für Verbraucher an, sondern leben von der Besteuerung der von ihnen abhängigen Zulieferer, Händler und Werbetreibenden. Ihnen können sie dabei missbräuchliche Bedingungen aufzwingen, wie beispielsweise die zahlreichen Beschwerden von Amazon-Händler*innen belegen“ so Dominik Piétron und Philipp Staab in Ihrem Beitrag „EU gegen Big Tech: Das Ende der Gesetzlosigkeit?“.
„Leider ist es der Kommission bislang nicht gelungen die großen Tech-Konzerne bei weiteren Übernahmen gänzlich zu stoppen. Denn bis zu einem gewissen Grad funktionieren Markt und Wettbewerb auch ohne Eingriffe. Ein Beispiel: Was wäre Meta heute ohne Instagram und Whatsapp?“ so Michael Amtmann.