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Wer einen verlorenen Kunden zurückhaben will, muss die wahre Abwanderungsursache kennen. Der Preis wird dabei deutlich überbewertet. Mangelnde Soft-Skills sind sehr oft der wahre Grund. Bei Kundenverlusten sollte daher unbedingt Ursachenforschung betrieben werden.

Das Ende einer vertraglichen Geschäftsbeziehung kündigt sich mit mehr oder weniger lautem Getöse an. Da gibt es die Wutkündiger, die aus einem Affekt heraus kündigen, oft mit einem Paukenschlag („Nicht mit mir! Wisst Ihr eigentlich, wen Ihr vor Euch habt?“). Da gibt es die Eiskalten, die einen ohne Warnschuss mit voller Absicht ins Messer laufen lassen („Denen hab ich’s so richtig gezeigt!“).

Da gibt es die Duldsamen, die eine Kette von unglücklichen Ereignissen über sich ergehen lassen, bis sie schließlich reagieren („Meine Geduld ist zu Ende.“). Ferner gibt es die „Vorsichtskündiger“, die ihren Vertrag bereits kurz nach dem Abschluss wieder kündigen, um ja keine Fristen zu verpassen.

Schließlich gibt es die sprunghaften, experimentierfreudigen „Variety Seeker“, für die das Ausprobieren von neuem ein Lustgewinn ist („Neues Spiel, neues Glück.“). Die Gründe für ein Abwandern sind also sehr verschieden. Bevor wir einen Rückholversuch starten, sollten wir also wissen, weshalb ein Kunde verlustig ging.

Betreiben Sie unbedingt Ursachenforschung

Betreiben Sie unbedingt UrsachenforschungNicht alle Ex-Kunden sind auf immer und ewig verärgert. Und nicht immer ist ein schlechtes Produkt daran schuld. Vielleicht sorgte ein Missverständnis für das Abwandern – und das ist schnell geklärt. Oder der Kunde bekam nicht genug persönliche Aufmerksamkeit – kümmern Sie sich endlich um ihn. Oder der geliebte Ansprechpartner hatte gekündigt – suchen Sie ihm einen netten neuen.

Oder ein Mitarbeiter war inkompetent und unfreundlich – und der ist inzwischen entlassen. Oder Ihr Unternehmen ist schlichtweg in Vergessenheit geraten – weil Sie sich nicht mehr gemeldet hatten. Oder man konnte dem Billigangebot des Mitbewerbers nicht widerstehen – und will nicht sagen, dass man auf die Nase gefallen ist. Wer gibt schon gerne eigene Fehler zu?

Also: Warten Sie nicht auf ein Wunder – tun Sie den ersten Schritt über eine Ursachenforschung. Viele Kunden sind auch nach einem Wechsel noch gesprächsbereit. Oft ist ein gewisses Wohlwollen dem Ex gegenüber weiterhin vorhanden. Und mit etwas Abstand aus der Ferne betrachtet war „der Alte“ gar nicht so schlecht. Häufig sind es am Ende nur Bagatellen, die zu Verärgerung und Enttäuschung und damit schließlich zum Abwandern führten.

Es gibt unzählige Abwanderungsgründe

Natürlich gibt es in jedem Unternehmen eine natürliche Abschmelzquote. Wir können nicht alle Kunden haben und halten – und manche wollen wir auch nicht. Grundsätzlich sind die Gründe für einen Wechsel vielfältig. Manche liegen im Kunden selbst, viele haben mit dem Wettbewerberverhalten oder mit äußeren Umständen zu tun.

Veränderte Lebensumstände können zum Beispiel zu Ausfällen führen. Oder die Konkurrenz ist einfach attraktiver. Die schnellen Informationszugriffe, die kostengünstigen Kaufmöglichkeiten und der Verdrängungswettbewerb im Internet mögen eine Rolle spielen.

Neue Konsummärkte, die Gleichartigkeit der Angebote, das sich wandelnde Sozialverhalten, Ausschreibungsnotwendigkeiten, der Sparzwang der Unternehmen oder der Preisverfall in der Branche werden einen gewissen Einfluss haben. Die meisten Verlustursachen sind jedoch im eigenen Unternehmen zu suchen.

Ganz weit vorn: Unfreundlichkeit und Inkompetenz

Die wahren Gründe für das Abwandern von Kunden liegen vielfach – gut getarnt hinter rationalen Argumenten – im emotionalen Bereich. In einer repräsentativen Umfrage unter 1.000 Personen im Internet, die von den Hamburger Marktforschern des DPM-Teams durchgeführt wurde, berichteten die Befragten offen und detailliert, aus welchen Gründen sie Kundenbeziehungen zu verschiedenen Unternehmen endgültig beendet hatten (Mehrfachnennungen möglich):

  • 38,2 %  Unfreundlichkeit/mangelnde Höflichkeit der Ansprechpartner  Ganz weit vorn: Unfreundlichkeit und Inkompetenz
  • 30 4 %  Inkompetenz, Unwissenheit oder Unkenntnis der Materie
  • 27,4 %  zu lange Wartezeiten – am Telefon oder vor Ort
  • 24,6 %  allgemeine Ignoranz und Desinteresse am Kunden
  • 11,0 %  das Ausstrahlen von schlechter Laune und Lustlosigkeit
  •   6,7 %  arrogante Behandlung von oben herab.

Schlechter Service ist die Hauptursache

Eine von Accenture durchgeführte weltweite Umfrage ergab, dass binnen eines Jahres 51 Prozent der 13.000 befragten Kunden ihren Anbieter aufgrund von schlechtem Service gewechselt haben. Im B2B-Bereich erbrachte eine Untersuchung des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau) folgende Gründe für einen Lieferantenwechsel:

  • 65 %  wegen Unzufriedenheit mit dem Service während der Nutzung,
  • 20 %  weil technisch bessere Produkte verfügbar waren,
  • 15 %  wegen eines günstigeren Konkurrenzangebots.

Fazit: Der Preis als Unzufriedenheitsfaktor und hauptsächlicher Abwanderungsgrund wird deutlich überbewertet. Die Soft-Skills hingegen werden von den Unternehmen allgemein drastisch unterbewertet.

„Zu teuer“ ist eben ein wunderbarer Vorwand für beide Seiten: Für den Kunden, damit er seine emotionale Verletztheit nicht offen legen muss. Und für den Betreuer, um sich aus der persönlichen Verantwortung zu stehlen. Doch nur, wer den wahren Fluktuationsursachen auf die Spur kommt, findet das Türchen zur zweiten Chance beim Ex.

 

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Anne-Schüller
Gastautorin Anne M. Schüller
Keynote-Speaker, Bestsellerautorin, Businesscoach | Webseite | + Artikeln

Anne M. Schüller ist Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als Europas führende Expertin für Empfehlungsmarketing und Touchpoint Management. Sie zählt zu den gefragtesten Referenten im deutschsprachigen Raum. Wenn es um das Thema Kunde geht, gehört sie zu den meistzitierten Experten. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft und ihr Buch zum Thema heißt Das neue Empfehlungsmarketing.