Eine Neuigkeit von JuS Rechtsanwälte

Teil 1: Schadensersatz richtet sich nicht mehr nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten!

Der Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, kann im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gegen den Unternehmer seinen Schaden nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung). Der Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, kann den Schaden in der Weise bemessen, dass er im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel ermittelt. Hat der Besteller die durch das Werk geschaffene oder bearbeitete Sache veräußert, ohne dass eine Mängelbeseitigung vorgenommen wurde, kann er den Schaden nach dem konkreten Mindererlös wegen des Mangels der Sache bemessen. Der Schaden kann aber auch in der Weise bemessen werden, dass ausgehend von der für das Werk vereinbarten Vergütung der Minderwert des Werks wegen des (nicht beseitigten) Mangels geschätzt wird. Maßstab ist danach die durch den Mangel des Werks erfolgte Störung des Äquivalenzverhältnisses.
Das hat der Bundesgerichtshof in Abänderung der bisherigen Rechtsprechung (so gültig gewesen bis heute seit den siebziger Jahren) in seinem druckfrischen Urteil vom 22.02.2018 entschieden.
Dieses als sog. Grundsatzurteil einzustufende Urteil des Bundesgerichtshof hat weitreichende Folgen für die Baupraxis!
Dabei sind insbesondere auch zahlreiche bereits laufende Gerichtsprozesse hiervon betroffen, in denen - je nachdem auf welcher Seite (Auftragnehmer oder Auftraggeber) man steht - nun dringlich gehandelt werden muss. So mancher Werklohnprozess könnte sich dadurch nun in eine ganz andere Richtung als bisher wenden.
Insgesamt richtet sich der wegen Mängeln zu erlangende Schadensersatzanspruch des Auftraggebers ab sofort nicht mehr nach den fiktiven Mangelbeseitigungskosten. Die Nachbesserungspflicht und Vorschusspflicht des Unternehmers bleibt dabei zwar in vollem Umfang wie bisher erhalten, d. h. Bauunternehmer müssen auch weiterhin ihren Mangelbeseitigungspflichten nachkommen.
Fingierte Mängelbehauptungen oder technisch nur unbedeutende und eben häufig nur „vorgeschobene“ Mängel werden künftig jedoch nun nicht mehr zu einer „Gewinnerhöhung“ beim Auftraggeber führen (u.a. bis dato etwa häufig von Bauträgern gegenüber ihren Subunternehmern geschehen, was der BGH bei seinem Urteil besonders im Blick hatte), soweit die Mängel tatsächlich nicht beseitigt werden.
Hervorzuheben ist weiter insbesondere, dass die Entscheidung des BGH vom 22.02.2018 ausdrücklich auch für das Recht der Architekten und Ingenieure gilt.
Auch gegenüber Architekten und Ingenieuren ist es also ab sofort nicht mehr statthaft als Auftraggeber rein fiktive Schadenersatzkosten netto einzuklagen und sich den erlangten Schadenersatz bei obsiegendem Urteil „in die Tasche zu stecken“ ohne eine Mangelbeseitigung tatsächlich am Objekt vorzunehmen (Stichwort: „dritte Finanzierung“). Der BGH hat dazu nun einen neuen "Quasi-Vorschussanspruch" in Bezug auf die Berufsgruppe der Architekten und Ingenieure eingerichtet (im Urteil des BGH als "Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags" bezeichnet).

Erstellt am 14.03.2018 von

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